Auf dem Weg zur Manufaktur 4.0

Der Meisterrat begleitet Manufakturen beim Übergang in die digitale Welt. Die Einführung neuer Technologien bei Manufakturen ist nicht ohne Risiko, weil sie an den Kern des Manufaktur-Selbstverständnisses rührt. Bei der Implementierung einer digitalen Strategie bietet es sich an, vorsichtig und in kontrollierten Schritten vorzugehen.

Auf dem Weg zur Manufaktur 4.0.

Der Meisterrat vernetzt die Akteure, die sich gegenseitig helfen können. Das ist nötig. Zwar erfährt das Handwerk seit einigen Jahren wieder große Aufmerksamkeit, Manufakturprodukte sind en vogue und zum Synonym für „Qualität“ geworden. Doch darf nicht vergessen werden, dass Manufakturen bei aller (zuweilen verklärenden) Anerkennung auf das Schwerste von den politisch-ökonomischen Folgen der Globalisierung betroffen sind.

Nachwuchssorgen, der Wettbewerb zu industriell gefertigten Konkurrenzprodukten oder die Monopolisierung des Handels führen zu einer wirtschaftlichen Realität, in der die Manufakturen nur schwer bestehen können. Der Meisterrat bündelt die Interessen von Manufakturen und Werkstätten in Deutschland, um einen Gegenpol zu den global agierenden Unternehmen zu bilden und die lokale Wirtschaft zu stärken.

Für die Manufakturen ist es wichtig, Umfeldbedingungen zu erhalten, die sie stützen. Sie möchten Innovationen entwickeln, die sie voranbringen. Viele wollen Käufer in anderen Ländern erreichen, aber weiterhin in Deutschland produzieren, was nicht selbstverständlich ist. Das Designforum kann darauf hinwirken, die Rahmenbedingen zu verbessern, die das ermöglichen.

Quo vadis Manufaktur?

Die Zukunft der Manufakturen steht und fällt mit ihrer Fähigkeit, eine gute Balance zwischen Tradition und neuen Wegen zu finden. Gerade die jüngere Generation sieht Technologisierung als Chance, Abläufe effizienter zu gestalten, um neue kreative Prozesse zu beginnen. Handwerk und moderne Technologien ergänzen sich. Die Digitalisierung von Entwurfs‑, Herstellungs- und Vertriebsmethoden rückt Produktion und Gestaltung wieder näher aneinander. Die Trennung dieser Bereiche, die im Laufe der Industrialisierung entstand, scheint sich heute aufzulösen. Die Ausbildung des gestaltenden Handwerks sollte die Potentiale der globalen Vernetzung erkennen und zukünftig ein komplexes Wissensprofil für junge Gestalter aufbauen: mit Qualifikationen in technologischer, handwerklicher, ökonomischer und gestalterischer Hinsicht. Der Meisterrat zielt auf die Schaffung einer neuen, selbstbewussten Berufsidentität für Manufakteure und Gestalter, die regional arbeiten und international ausgebildet und vernetzt sind.

Die Kenntnis über die Ver- und Bearbeitungsverfahren verschiedener Werkstoffe sind heute für Designer und Manufakturen fundamental. In Verbindung mit modernen Technologien wie zum Beispiel dem Reverse Engineering (Digitalisieren), dem CAD, der virtuellen Realität sowie den heutigen Verfahren des additiven Werkzeugbaues (Rapid Tooling) wird die Verfahrenskette innerhalb der Produktentwicklung verbessert. Ferner wird durch die digitale Schnittstelle generativer Fertigungsmaschinen (Rapid Manufacturing) – wie zum Beispiel den verschiedenen 3D-Druckverfahren und deren automatisierter Fertigungsprozesse – eine dezentrale, geografisch unabhängig verteilte Produktion ermöglicht (Cloud Producing).

An diesem Punkt der Entwicklung treffen sich die Wege der hochspezialisierten Manufakturen des Handwerks und die des Designs mit seinen neuen digitalen Werkzeugen im 21. Jahrhundert wieder.Der Einsatz dieser Verfahren, die der Meisterrat unter dem Schlagwort „Manufaktur 4.0″ zusammenfasst, ist ökonomisch sinnvoll, vor allem bei der Fertigung sehr kleiner präziser Bauteile in variablen Stückzahlen, für Unikate bei Schmuck, Uhren, Porzellan oder in der Kleinserienfertigung oder Einzelfertigung von Teilen mit einer hohen geometrischen Komplexität, auch mit zusätzlicher Funktionsintegration.

Eines der Paradigmen der Manufaktur 4.0 ist die „intelligente Manufaktur“ (Smart Manufactory), welche sich durch Wandlungsfähigkeit, Ressourceneffizienz, ergonomische Gestaltung sowie die Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse auszeichnet – ohne den eigenen Markenkern, nämlich eine hochqualitative handwerksorientierte Produktion, zu verlassen.

Der Spagat zwischen einem individuellen, personengebundenen Handwerk in der Produktion auf der einen Seite und cyberphysischen Systemen oder dem „Internet der Dinge“ auf der anderen Seite ist die Herausforderung, der sich Manufakturen von heute stellen müssen.